Premiere: Der raue Gesang Premiere


„Fremd. Seit sie im Hafen eingelaufen waren, klang alles fremd. Noch hatte er das Brummen der Schiffsmotoren in den Ohren, und schon wurde es vom Lärm der Insel übertönt. Das Geschrei der Möwen, die Brandung, der Wind und die Stimmen der Menschen. Diese Klänge waren laut und grell wie das Licht draußen vor seinem Fenster. Und jeden Morgen, mit den ersten Sonnenstrahlen brach der Tumult wieder los; zuerst öffnete die Nachbarin gegenüber mit einem lauten Knall ihre Fensterläden, hustete ausgiebig, und schon fielen die Laute von Menschen und Tieren, Dingen und Maschinen ein. Der Silbo – eine Reihung von durchdringenden, mehrsilbigen Pfeiftönen – klang vom Hafen herüber: Fra-ge. Ant-wort. Es war ein brodelndes, wildes Durcheinander aus Tönen und Geräuschen; sie kletterten rechts den Hügel hinauf, mischten sich mit dem frühen Krähen der Hähne, krochen wieder herunter, näher zu Philipp heran - die knarrende Stimme von Fuscano, seinem Nachbarn links hinter der Mauer, übertönte für einen Moment alles - und dann waren sie bis spät in die Nacht hinein überall. Sie füllten die Luft im Tal. Lachten und polterten, flüsterten und weinten, wie die Klageweiber aus dem Chor in der griechischen Tragödie, von denen ihm sein Vater erzählt hatte. Nur in den heißen Mittagsstunden, während der Siesta, zogen sie sich zurück und summten leise hinter verschlossenen Türen, wie in einem Bienenstock.“


Beteiligte Kunstschaffende

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